Rottenburger Forum für Arbeitsrecht
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Peter Schmarsli
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Fragen und Antworten zum "Coronaarbeitsrecht" in der Ferienzeit:
Ich habe Covid 19, muss mein Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen ?
Covid 19 ist eine ganz normale Krankheit. Der Arbeitgeber muss den Lohn
sechs Wochen weiterzahlen. Wenn die sechs Wochen vorbei sind gibt es bei
gesetzlich Versicherten wie bei jeder anderen Krankheit auch Krankengeld.
Privatversicherte bekommen dann auch Krankengeld, wenn sie eine
Krankentagegeldversicherung in ihrem Tarif mit drin haben.
Was passiert, wenn weder ich, noch mein Kind krank ist, aber die Schule oder Kita
wegen Corona geschlossen ist? Muss ich Urlaub nehmen ?
Hier sollte man zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Die
Rechtslage ist nämlich nicht schön, eine spezielle Corona Rechtslage gibt es nicht.
Wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber keinen Urlaub bekommt, hat er ein Problem.
Jetzt kann sich der Arbeitnehmer nur noch auf ein sogenanntes Leistungsverweigerungs
recht berufen. Wenn der Arbeitnehmer keine andere Betreuung hat und die Kinder noch
klein sind, kann er die Erbringung der Arbeitsleistung wegen Unzumutbarkeit verweigern.
Ärgerlicherweise für den Arbeitnehmer führt dies aber nicht zur Lohnfortzahlungserpflichtung.
Denn nur dann, wenn der Arbeitnehmer selber die Beeinträchtigung die zu Unzumutbarkeit führt
hat, hat er den Lohnfortzahlungsanspruch.
Ich sitze in Quarantäne (ohne Krankheit) , bekomme ich mein Lohn weiter ?
Zunächst gibt es ganz klar ein Lohnfortzahlungsanspruch. Denn Quarantäne ist arbeitsrechtlich
ein sogenanntes Beschäftigungsverbot. Dafür kann der Arbeitnehmer nichts. Er bekommt Lohnfortzahlung.
Wichtig für den Arbeitgeber: Er kann sich mit einem Antrag nach § 56 Abs. 5 IFSG den Lohn voll
erstatten lassen, steht also auch nicht im Regen und der Arbeitnehmer muss kein schlechtes Gewissen haben.
Für den Anspruch des Arbeitgebers ist bei uns nicht das Gesundheitsamt sondern das Regierungspräsidium
zuständig.
Ich will in den Urlaub gehen, dummerweise ist mein Urlaubsziel im Risikogebiet.
Bekomme ich jetzt auch meine Lohnfortzahlung, wenn ich in Quarantäne bin?
Diese Frage ist auf den ersten Blick einfach zu beantworten. Wer sehenden Auges ins Risikogebiet
reist und dann in Quarantäne muss, verstößt gegen die Treuepflicht gegenüber seinem Arbeitgeber.
Der Arbeitgeber wird zu Recht die Lohnfortzahlung während der Quarantäne verweigern.
Anders sieht das schon aus, wenn das Gebiet in das der Arbeitnehmer gereist ist, erst während
der Reise zum Risikogebiet erklärt wird. Ob der Arbeitnehmer jetzt aktiv die Rückreise antreten muss
um so vielleicht noch die Quarantäne zu verhindern, oder ob er seine gebuchte Pauschalreise weiter
genießen kann, werden voraussichtlich in den kommenden Monaten die Arbeitsgerichte in Einzel-
fällen entscheiden aus denen man später dann Fallgruppen bilden kann.
Meine Prognose ist hier: Wenn der Arbeitnehmer sich einfach in sein Auto setzen kann und zurückfahren
kann, ohne dass ihm Mehrkosten entstehen, würde er dies wohl tun müssen.
Komplizierter wird es, wenn der Arbeitnehmer in einem Gebiet sitzt, aus dem er jetzt nur mit einer überteuerten
Flugreise zurückkommen kann. Hier wäre mein Tipp, dass der Arbeitnehmer sich mit dem Arbeitgeber in
Verbindung setzt und ihn fragt, ob er die Rückreisekosten übernimmt. Letztlich haben wir aber bei allen
Reisen, die in Gebiete führen, die erst während der Reise zum Risikogebiet erklärt werden, eine
unklare Rechtslage und damit auch eine unzufriedenstellende Situation in der Beratung.
Aktuelle Entscheidungen des BAG:
Mitbestimmung des Betriebsrates bei Umkleidezeiten BAG 12.11.2013 NZA 2014, 557
Umkleiden sind nicht mitbestimmungspflichtig, wenn sie aber dem Zweck des Anziehens auffälliger Dienstkleidung dienen schon. Das hat das BAG jetzt festgehalten mit der Begründung dass solch auffällige
Kleidung ausschliesslich fremdnützig sei weswegen das Anziehen derselben auch Arbeitszeitzeit i.S. des
§ 87Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist.
So auch nochmal BAG 17.11.2015 1 AZR 435/13
Vorrang der Änderungskündigung BAG 26.03.2015 2 ARZ 417/14
Der Arbeitgeber muss dem AN dessen Stelle weggefallen ist eine andere zumutbare Beschäftigungsmöglichkeit auch dann anbieten, wenn er den Arbeitsplatz nur vorrübergehend einrichten
und als befristete Stelle am Arbeitsmarkt anbieten will. Tut er dies nicht ist die Kündigung des AN wegen des
Vorrangs der Änderungskündigung unwirksam, da nicht mildestes Mitel gewählt.
Konsultationsverfahren-ordnungsgemässe Massenentlassungsanzeige BAG 26.02.2015 2 AZR 955/13
Die Beratungen nach § 17Abs.2 S 2 KSchG müssen mit dem zuständigen Betriebsrat laufen. Es genügen weder
Gespräche mit dem Wirtschaftsauschuss noch mit dem BR Vorsitzenden.
Das BAG hat in den Jahren 2012 und 2013 einige interessante Entscheidungen zum Thema ARBEITSZEIT gefällt,
die Arbeitnehmern gut gefallen werden. So gehört Umkleiden jetzt zur Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber bestimmte Kleidung verlangt und das Umkleiden im Betrieb stattfinden muss (BAG 19.09.2012-5AZR
678/11). Fahrten von der Betriebstätte des Arbeitgebers zu auswärtigen Einsatzorten sind Arbeitszeit (BAG 10.04.2013-5 AZR 122/12). Und solche "Arbeitszeit" ist auch zu bezahlen
(BAG 12.2012- 5AZR 355/12) . Hat der Arbeitnehmer keine Vereinbarung über die Arbeitszeit, dann gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart. Besserverdiener aufgepasst: Das gilt auch für
außertarifliche Angestellte (BAG 15.05.2013 10 AZR 325/12).
Auch beim AUFWENDUNGSERSATZ gibt es für Arbeitnehmer Erfreuliches: Wer als Arbeitgeber eines angestellten Lehrers diesem einen Verzicht auf Reisekosten für eine Klassenfahrt "abpresst" mit der
Begründung, die Klassenfahrt finde nur statt, wenn der Lehrer verzichtet handelt gegen § 242. Der Verzicht ist unwirksam. Der Lehrer bekommt trotz Verzichtserklärung seinen Ersatz ( BAG 16.10.2012 9
AZR 183/11). Und auch Schülbücher müssen angestellte Lehrer nicht selber kaufen ( BAG 12.03.2013 5 AZR 954/11).
Beim Thema URLAUBSABGELTUNGSANSPRUCH hat sich das BAG von seiner SURROGATSTHEORIE verabschiedet und sieht den Abgeltungsanspruch jetzt als reinen Geldanspruch (BAG 19.06.2012 9 AZR
652/10). Das verhindert zu Gunsten des Arbeitnehmers, daß der Anspruch mit dem Urlaubsanspruch sang- und klanglos untergeht, wenn die Fristen des Bundesurlaubsgesetzes "durch" sind und vereinfacht
den Umgang mit dem Urlaubsabgeltungsanspruch erheblich.
Sogar die KÜNDIGUNG erschwert das BAG in seiner neueren Rechtsprechung dem Arbeitgeber: Die muß jetzt unmißverständlich und klar sein (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11). Ist nicht im Kündigungsscheiben
enthalten wann das Arbeitsverhältnis zuende sein soll, dann endet es gar nicht. Zulässig soll allerdings weiter ein klarer Bezug sein, also z.B. zum nächstzulässigen Termin. Kommen da mehrere in
Betracht so bleiben die Bestimmtheitsprobleme, so daß wir raten, immer einen nach dem Kalender bestimmten Termin im Kündigungsscheiben anzugeben.
Die meisten Entscheidungen des BAG aus den Jahren 2012 und 2013 sind eher arbeitnehmerfreundlich. Eine "unfreundliche" Ausnahme: Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch mehr auf den berühmten "Dank und
gute Wünsche" im Arbeitszeugnis ( BAG 11.12.2012 9 AZR 227/11).
Peter Schmarsli
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht